Veröffentlichung in Bezug auf die Schließung der Fume-Event-Sprechstunde

Leider müssen wir feststellen und bekanntgeben, dass die Sprechstunde für „Fume Event Betroffene“ der Arbeitsmedizin Uniklinik Göttingen geschlossen wurde. Eine offizielle Stellungnahme, ob und falls ja wann sie vielleicht wieder geöffnet wird, ist bis heute ausgeblieben. Dies gilt auch für Bestandspatienten, die u.a. auch schon vereinbarte Vorstellungstermine hatten.

Da wir über den Grund dazu nur spekulieren können, möchten wir das hier an dieser Stelle unkommentiert lassen.

In diesem Zusammenhang möchten wir allerdings auf unsere Petition hinweisen, die seit Januar schon über 90.000 Unterschriften generiert hat und auch anhängig ca. 9.000, zum Teil sehr bewegende Kommentare von Betroffenen enthält – insbesondere bezogen auf ihren Leidensweg.
https://www.change.org/p/stoppen-sie-die-giftige-atemluft-im-flugzeug-andrea-nahles-bmas-bund-alexander-dobrindt-bmvi

Seit einigen Monaten wird von der BG Verkehr eine Studie in Form von (nur) Human-Biomonitoring durchgeführt. Siehe dazu:
https://www.bg-verkehr.de/arbeitssicherheit-gesundheit/branchen/luftfahrt/kontaminierte-luft/bio-monitoring/fume-event-bg-verkehr-startet-bio-monitoring

Für diese Studie wurden zwölf D-Ärzte in der Nähe deutscher Flughäfen mit dem notwendigen Probenmaterial ausgestattet. Siehe dazu:
https://www.bg-verkehr.de/redaktion/medien-und-downloads/informationen/branchen/luftfahrt/d-aerzte-fumeevents-112017.pdf

Wir möchten darauf hinweisen, dass wir zur Teilnahme an dieser Studie weder abraten noch zuraten können. Da wir in Deutschland freie Arztwahl haben, steht es jedem Betroffenen frei, einen D-Arzt seiner Wahl aufzusuchen. Liste alle D-Ärzte in Deutschland:
http://www.dguv.de/landesverbaende/de/datenbanken/index.jsp

Der Grund unseres Hinweises ist der Umstand, das die BG Verkehr der Uniklinik Göttingen seit Beginn dieser IPA-Studie mitgeteilt hat, dass die Kosten für das Human-Biomonitoring nicht mehr von der BG übernommen werden, da es kein Bestandteil des von der BG befürworteten Heilverfahrens sei.

Ferner möchten wir darauf hinweisen, dass die Proben im Rahmen dieser IPA-Studie (oder Auswertung) vermutlich ausschließlich in dem IPA Institut, einer Einrichtung der DGUV, untersucht werden.

Wir halten damit eine unabhängige Qualitätssicherung für nicht ausreichend gesichert.

Aus Berichten von Betroffenen haben wir erfahren, dass die ausgewählten D-Ärzte, wenn überhaupt, nur das Human-Biomonitoring angeboten haben. Weiterführende Diagnostik wurde nicht durchgeführt, Überweisungen wurden verweigert. Des weiteren wurden die Ergebnisse der Stoffnachweisprüfung des IPA-Instituts nie den Betroffenen mitgeteilt. Das bisher immer noch gültige medizinische Standardverfahren der BG nach Fume Event wurde seit Beginn der Studie nicht angewandt.
https://www.bg-verkehr.de/redaktion/medien-und-downloads/informationen/branchen/luftfahrt/multilink-fume-events.pdf

In Göttingen wurden bei bisherigen Betroffenen nach Fume Event folgende Untersuchungen durchgeführt, um die relativ konsistenten Erkrankungsbilder Betroffener nach Fume Event – aufgrund der vorgefundenen Substanzen und deren nachgewiesener Schädigungswirkung – objektivieren zu können:

  • Human-Biomonitoring von Blut und Urin, d.h. Nachweis auf toxikologische Substanzen durch inhalativ aufgenomme Stoffe in der Kabinenluft
  • eine allgemein-ärztliche Untersuchung, d.h. Allgemeinzustand, Sehvermögen, Reflexe, mögliche Gleichgewichtsstörung, Beschreibung des persönlichen Empfindens, mögliche neurologische Einschränkungen, wie Lähmungen, Motorik, Missempfindungen
  • eine Lungenfunktionsprüfung bezüglich DLCO Messung, d.h. Bestimmung der kapazitiven Sauerstoffaufnahmefähigkeit, sowie eine NO/CO Diffusionsmessung, die eine mögliche Sauerstoffperfusionsstörung anzeigt
  • Absolvierung eines kognitiven Testpakets zur Objektivierung möglicher Einschränkungen wie Merkfähigkeit, räumliches Vorstellungsvermögen, Wortfindungsstörung, Kurzzeitgedächnis u.v.m.
  • wenn als notwendig angezeigt die Bestimmung, ob eine Small Fiber Neuropathie vorliegt, d.h. eine ausgeprägte Reduktion der Nervenfaserdichte durch die mögliche Schädigung aufgrund der Exposition von u.a. vorherrschenden Lösungsmitteln. Dazu wird eine Hautprobe ca. 10 cm oberhalb des Knöchels unter lokaler Betäubung entnommen und pathologisch ausgewertet. Dieses wissenschaftlich ausgereifte Nachweisverfahren hat bei 100% der bisherig untersuchten Hautbiopsien eine deutliche Reduktion der Anzahl an myelinlosen Nervenfasern ergeben.

Unsere Empfehlung aufgrund der Schließung der Fume Event Sprechstunde:

  • in jedem Fall einen D-Arzt aufsuchen, da es sich um einen Arbeitsunfall handelt
  • falls Sie sich entschließen, an der Studie der BG teilzunehmen, raten wir, sich zusätzliche Blutproben entnehmen zu lassen und diese bei sich zu Hause eingefroren zu lagern. Das dient eventuell der Möglichkeit, durch eine spätere Nachweissicherung sicherzustellen, dass toxische Substanzen nach Fume Event im Blut vorhanden waren. 
  • teilen Sie Ihrem D-Arzt mögliche, wie schon oben beschrieben, gesundheitliche Beeinträchtigungen mit, damit er im Rahmen seiner Befugnis weitere Heilmaßnahmen/Untersuchungen bei Fachärzten anweisen kann
  • als akut und deswegen zeitkritisch erachten wir natürlich u.a. das Human-Biomonitoring, evtl. lebensbedrohliche Umstände wie CO Vergiftung, ungenügende Sauerstoffsättigung, Herz-Kreislaufprobleme, Lähmungserscheinungen u.ä.. Diese sollten in der Regel von dem untersuchenden D-Arzt abgeklärt werden können.
  • aufgrund der Schließung von Göttingen stehen folgende Untersuchungen, die allerdings auch später durchgeführt werden können, nicht mehr zur Verfügung:
  • kognitives Testpaket – dazu kennen wir bis jetzt leider keine andere qualifizierte und auch unabhängige Stelle in ganz Deutschland
  • die spezielle Lungenprüfung NOCO ist in ganz Deutschland nicht möglich, die DLCO Messung wird an einigen Standorten angeboten
  • die mögliche Abklärung zur Bestimmung einer Small Fiber Neuropathie kann weiterhin bei der Neuropathologie der Uniklinik Göttingen durchgeführt werden. Entweder wird die Hautprobe vor Ort entnommen oder man kann dort ein Probenentnahmeset anfordern und sich die Hautprobe bei sich vor Ort entnehmen lassen und diese dann nach Göttingen schicken

Göttinger Empfehlungen bei Verdacht auf gesundheitliche Beeinträchtigungen

  • Proben sichern für Humanbiomonitoring im Urin:
  • unmittelbar nach dem fume event bzw. nach der Landung 2-3 mal Urin sammeln, kühl stellen und baldmöglichst einfrieren
  • Sammelgefäße jeweils mit Uhrzeit und Datum versehen
  • Originalurinröhrchen aus der Apotheke, alternativ saubere, verschließbare Behältnisse (z. B. Flasche) benutzen.
  • Proben sichern für Humanbiomonitoring im Blut
  • möglichst EDTA-Blut abnehmen lassen, mitgeben lassen, kühl stellen und baldmöglichst einfrieren. Die Desinfektion des Hautareals darf vor der Blutentnahme nicht mit lösungsmittelhaltigen Desinfektionsmitteln erfolgen, sondern z.B. mit einer dreiprozentigen wässrigen Wasserstoffperoxidlösung (AMR 6.2); sofern nicht vorhanden bitte den Namen des Desinfektionsmittels notieren
  • Vorstellung beim D-Arzt (Durchgangsarzt) – ggf. erst nach Rückkehr nach Deutschland-
  • Erstellung der Meldung eines Arbeitsunfalls mit:
  • Dokumentation der Einzelheiten
  • Zeitpunkt (ggf. mit Zeitzone),
  • Art und Ausprägung des fume events (Geruch?),
  • auftretende Beschwerden sowie
  • Zeitpunkt der Probenahme von Urin, Blut etc. dokumentieren!
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